„...letztlich ist der Mensch, als Folge oder Krönung der Evolution, nur in der Totalität der Erde begreifbar.“ (Leroi-Gourhan, Hand und Wort, S.22)

Donnerstag, 19. Juli 2012

‚Überlegen‘

In einem Sandman-Comic, den ich gerade gelesen habe, ‚überlegt‘ Delirium, wie sie Despair eine Freude machen kann. Dabei spielt die Autorin mit dem Wortpaar überlegen/unterlegen. Das bringt mich wieder auf die Spur meiner Rekursivitätsgraphiken. In ‚überlegen‘ steckt ein Komparativ und in ‚unterlegen‘ ein Sedimentativ. ‚Überlegen‘ meint ein Mehr an Kontrolle und an Kompetenz, ein Herabblicken auf Unterlegene. Und ‚unterlegen‘ meint das Verleihen von Stabilität durch Hinzufügen von Unterlegscheiben für Schrauben oder von Belegen für ansonsten haltlose Behauptungen.

Beides paßt eigentlich nicht zu Delirium, die weder irgendwo die Kontrolle hat noch irgendwas stabil halten könnte. Gerade das ließ mich auf die rekursive Wortbedeutung von ‚über-legen‘ aufmerksam werden. ‚Denken‘ als ‚überlegen‘ bedeutet letztlich, ‚über‘ schon vorhandene Bewußtseinsebenen neue Bewußtseinsebenen  zu ‚legen‘, ohne den Bezug zu den nun ‚unter‘ ‚legenen‘ Bewußtseinsebenen zu verlieren. So befinden sich die Denkebenen in einem wechselseitigen Begründungs- (unterlegen) und Kontroll- (überlegen) Zusammenhang. Die neuen, überlegenen, Bewußtseinsebenen liefern neue Freiräume des Denkens, und die bisherigen, unterlegenen, Bewußtseinsebenen sorgen dafür, daß wir die Bodenhaftung nicht verlieren.

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